Die gleichzeitige ordentliche und fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses durch den Vermieter ist zulässig, wenn der Mieter die Miete zweimal schuldig geblieben ist. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Die Mehrfach-Kündigung nach Mietrückständen ist gängige Praxis, war aber von den Vorinstanzen in Berlin zweimal für unzulässig erklärt worden.
Nur die fristlose Kündigung wird bei Nachzahlung unwirksam
Wer seine Miete mindestens zweimal schuldig geblieben ist, schafft damit eine rechtliche Grundlage für eine fristlose Kündigung durch den Vermieter nach § 543 Absatz 1 Nr. 3 BGB. Der Zahlungsrückstand gilt als wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung. Mietern bleibt allerdings die Möglichkeit, der fristlosen Kündigung durch eine Nachzahlung der geschuldeten Beträge rechtswirksam entgegenzutreten. So hat es der Gesetzgeber in § 569 Absatz 3 Nr. 2 BGB festgelegt. Viele Vermieter nutzen deshalb als Absicherung neben der fristlosen Kündigung eine ordentliche Kündigung. Bei zwei Fällen in Berlin hatten die Vermieter neben der fristlosen Kündigung auch noch eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. Die Mieter bezahlten die Miete nach und machten damit nach Auffassung des Landgerichts Berlin nicht nur die fristlose, sondern auch die ordentliche Kündigung unwirksam. Eine Kombination beider Arten der Kündigung sei nicht möglich. Dieser Auffassung widersprach der BGH und hob damit die Entscheidungen des Landgerichts wieder auf.
Die Begründung der Vorinstanz
Das Landgericht Berlin hatte die Räumungsklagen der Vermieter mit einem unzulässigen Zusammenhang zwischen fristloser und ordentlicher Kündigung begründet. Durch die fristlosen Kündigungen seien die Mietverhältnisse bereits beendet worden. Der ordentlichen Kündigung fehle also ein Vertragsgegenstand, auf den sie sich beziehen könnte. Die Wiederherstellung des Mietverhältnisses durch Nachzahlung und Abwendung der fristlosen Kündigung ändere nichts daran, dass die ordentliche Kündigung ausgesprochen wurde, als kein Mietverhältnis mehr bestand.
Die Begründung des BGH
Der BGH sieht in der Argumentation der Vorinstanz eine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhalts in einzelne Bestandteile. Dieser einheitliche Lebenssachverhalt bestehe im Zahlungsverzug, der Kündigung des Mietverhältnisses und der nachträglichen Befriedigung des Vermieters. Die ordentlichen Kündigungen seien in beiden Fällen hilfsweise erklärt worden und beziehen sich auf diesen einheitlichen Sachverhalt. Der BGH widersprach ausdrücklich der Auffassung, dass die fristlosen Kündigungen nach § 569 Absatz 3 Nr. 2 BGB die Mietverhältnisse beende hätten. Vielmehr halte die festgestellte Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung durch Nachzahlung das Mietverhältnis aufrecht. Dadurch behalte die fristgerechte Kündigung ihre Rechtswirksamkeit.
Praktische Konsequenzen für Vermieter und Mieter
Das Urteil bestätigt die Zulässigkeit der Mehrfach-Kündigung und stärkt grundsätzlich die Position des Vermieters gegenüber Mietern, die mit ihrer Miete zwei Monate in Rückstand geraten sind. Die fristgerechte Kündigung bleibt auch bei gleichzeitiger fristloser Kündigung möglich, muss aber tatsächlich ausgesprochen werden, wenn das Mietverhältnis beendet werden soll. Mieter können ein entsprechendes Versäumnis des Vermieters weiterhin für sich nutzen und die fristlose Kündigung durch die auch als Schonfristzahlungen bezeichneten Nachzahlungen abwenden. Auch die Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle wie dem Arbeits- oder Sozialamt macht die fristlose Kündigung unwirksam. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung bleibt Mietern die Möglichkeit, zu erklären, dass der Mietrückstand nicht durch eigenes Verschulden zustande gekommen sei. Nach § 573 Absatz 2 Nr. 1 BGB ist nur die nicht unerhebliche schuldhafte Verletzung der vertraglichen Pflichten ein zulässiger Grund für eine ordentliche Kündigung. In der Rechtspraxis stehen die Chancen allerdings schlecht, dass Gerichte eine ordentliche Kündigung mit Verweis auf fehlende Schadhaftigkeit für unwirksam erklären. Finanzielle Engpässe sind in der Regel nicht ausreichend, um die fehlende Schuldhaftigkeit zu begründen.